Tierhilfsnetzwerk Europa e.V.

Hitze, Leid, Hoffnungslosigkeit?

Tierschutzreise Tierhilfsnetzwerk Europa e.V. nach Larissa/Griechenland

*Ich weise hiermit ausdrücklich hin, dass der gesamte Text meine persönlichen Eindrücke, Erlebnisse und Empfindungen sind.*

Die Planung der Reise hat viele Leute beschäftigt. Über Monate wurde geplant, telefoniert, Spenden gesammelt, etc. etc. Wer kann was besorgen? Wer hat dies und das, was er zur Verfügung stellen kann. Suchen einer passenden Unterkunft in Griechenland. Flohmärkte wurden besucht, um noch Spendengelder zusammen zu bekommen. Jeden Tag fällt irgendetwas auf, was fehlt, was noch nicht besorgt wurde. Informationen über die verschiedenen Länder, die durchquert werden müssen, werden zusammengetragen. Die Vignetten, so weit möglich vorab besorgt werden. Der Transporter geht vor der großen Fahrt in die Werkstatt, wird durchgecheckt, wird auf diese Mamut tour vorbereitet.

Abfahrtzeiten werden bekannt gegeben. Wer wird wann abgeholt. Erwähnenswert ist, das einige Mitfahrer an diesem Tag noch ihrer Arbeit nachgehen und nachts mit nach Griechenland fahren. Hut ab ! Zwei fleißige Helfer kommen mit dem Flugzeug hinterher. Diese werden dann von uns am Flughafen, in Thessaloniki, abgeholt. Es sind nur ein paar Zeilen für die Planung geworden. Für Außenstehende ist es schwer nachzuvollziehen. Wir die an der „Quelle“ waren haben die Planung mit verfolgt. Es ist eine Höllenaufgabe gewesen.

6 Leute, 5 Länder müssen durchquert werden, ca. 2200 Kilometer liegen vor uns, Abfahrt Donnerstagnacht 1.30 Uhr in Berlin. Die Leute, das Team lernt sich erst während der Fahrt nach Griechenland kennen. Für einige ist es die erste „Hilfsfahrt“ in ein ausländisches Tierheim. So auch für mich. Ich bin aufgeregt, was uns wohl erwartet. Unruhig, ob wir die vielen vielen Kilometer schaffen. Neugierig, was wird uns auf der langen Fahrt nach Griechenland erwarten. Geht alles gut? Werden wir zügig vorankommen? Es wird viel in den Medien von Flüchtlingsströmen berichtet. Grenzen werden geschlossen. Wird es uns auch treffen? Werden wir an irgendeiner Grenze angehalten? Oder sogar nicht durchgelassen?

Um es vorweg zu nehmen. Wir sind gut in Griechenland angekommen und sind auch, ohne nennenswerte Zwischenfälle zurückgekommen. Von Berlin geht es über Dresden in die Tschechische Republik, Richtung Prag. Kurz vor Prag meint unser Navi es müsste mit uns einen kleinen nächtlichen Ausflug in die Tschechischen Berge machen. Die Straße oder mehr ein etwas breiterer Feldweg führte uns in unendlichen Serpentinen durch ein Dorf .Wir blieben dieser Straße treu und folgten immer weiter. Kurve um Kurve kamen wir den Gipfel immer näher. Nachts, stockenduster, in einem fremden Land, und keiner weiß, wo wir sind. Na toll! Ja genau! Da, wo es bergauf geht, geht es auch wieder bergab. Nach ca. einer Stunde, quer durch die Pampa gefahren, hatte uns die Zivilisation wieder. Ja, wir sind noch da. Rauf auf die Autobahn und weiter über Brno (Brünn) in die Slowakische Republik. Der Autobahn folgend, Richtung Bratislava (Pressburg). Von dort Richtung Grenzübergang Györ in Ungarn. Von hier aus über Budapest zum Grenzübergang Szeged. Grenzüberquerung Serbien. Hier muss erwähnt werden dass die Leute an Unfreundlichkeit nicht zu übertreffen sind. So das musste raus!

Die längste Strecke durch ein nicht gerade freundliches Land liegt vor uns. Die Autobahnen sind eine Katastrophe. Der arme Transporter. Das scheppert und wackelt. Von der Grenze aus fahren wir Richtung Belgrad, dann nach Nis´. Aufgrund von Unruhen in Mazedonien haben wir uns dafür entschieden, die lange Tour zu fahren. So bekommen wir keine Probleme an der Grenze von Mazedonien. In Nis´ verlassen wir die Autobahn und fahren nun Schnellstraße Richtung Sofia. Die Strecke über Bulgarien hielten wir für sicherer. Da unser Navi seid Berlin so eingestellt ist, das es uns nach Sofia bringen soll, haben wir uns eigentlich erst gewundert als wir in Sofia quer durch die Stadt gefahren sind. Nun ja, kleine Stadtrundfahrt ist ja auch ganz nett. Navi neu eingestellt, rauf auf die Schnellstraße nach Thessaloniki. Wir liegen sehr gut in der Zeit. Da wir erst um 16 Uhr am Flughafen sein müssen wollen wir versuchen eine Raststätte zu finden, um eine längere Schlafpause einzulegen. Ca. 30 km vor Thessaloniki an einer Bergstraße sind wir tatsächlich fündig geworden. Rauf auf den Parkplatz. Motor aus. WIR haben es geschafft. Abfahrt Donnerstag 1.30 Uhr Berlin. Ankunft Parkplatz Freitag ca. 2.00 Uhr . Fahrzeit ca. 24 Stunden für ca. 2200 Kilometer. WIR SIND DA !!!!!!!

Nach einer sehr ungemütlichen Nacht sind wir um ca. 7 Uhr nach Thessaloniki gefahren. Frühstücken, was essen , Kaffee…..Kaffee……Kaffee…..Ka.. Wir wollten ans Meer. Das Meer sehen, vielleicht baden gehen. Was Essen, ausspannen einfach nur nichts tun. Nur raus aus dem Transporter. Wir haben ein sehr schön gelegenes Strandrestaurant gefunden. Am Meer, im Schatten sitzen, etwas Kühles zu trinken, Kaffee, Kaffee, und was essen. Ein Traum. Jetzt wo man hier sitzt und auf das Meer schaut. Jetzt sind wir richtig da. Hallo Griechenland. Hier sind wir.

Wir haben gegessen und getrunken. Haben uns ausgeruht, einfach nur da gesessen ganz ohne Stress und haben geredet. Haben geplant, was wir noch erledigen müssen. Überlegt was wir noch besorgen müssen. Um 15.30 Uhr müssen wir am Flughafen sein. Einen weiteren Helfer für unser Team abholen. Leider kam die Maschine mit einer Stunde Verspätung an, so dass unsere Laune in den Keller gerutscht ist. Es ist verständlich. Nach der Fahrt, kaum Schlaf, wenig zu essen, und diesen unangenehmen Geruch, den man mit sich rumträgt. Nun gut, was soll´s. Die Stunde überleben wir auch noch. Hey, wir sind in Griechenland angekommen. Das zählt doch, oder? Dass wir anschließend noch mal ca. 4 Stunden bis zu unserem Ferienhaus unterwegs sind, konnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnen.

Stellt Euch folgendes vor: Ihr seid einen Tag Auto gefahren. Ohne nennenswerte Pausen. Euer Deo hat in dieser Zeit völlig versagt. Aber völlig ! Ihr habt Hunger, seid müde, wollt nur noch Duschen und ins Bett. Augen zu und schnarchen. Aber wie um Himmelswillen soll man ein Ferienhaus in Griechenland finden, wenn es dunkel ist. Wie soll man es finden, wenn es in Griechenland nicht überall Straßennamen gibt? Wie soll man es finden, wenn es stocken duster ist und man eigentlich nicht weiß, wo man lang fahren muss? Tausend dank dem Erfinder des Mobiltelefons. Fühle dich gedrückt!

Wir haben es gefunden. Da steht ein Mann mit Taschenlampe und leuchtet, da ist das Licht. Wir sind da. Unser Heim für eine gewisse Zeit. Ach ist das schön. Hier gibt es eine Dusche und noch besser ein richtiges Bett. Ob es wohl auch Kaffee gibt ? Das Haus ist eine Wucht. Leider können wir die ganze Schönheit erst am nächsten Morgen genießen. Nach einer super super super Dusche verabschiedete sich einer nach den anderen. Schlafen, ausruhen. Wir waren fertig, richtig fertig. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir schlafen durften, ja die Zeit war knapp. Wir haben viel vor, also ausschlafen ist hier fehl am Platz. Als wir morgens auf der Terrasse waren und diesen wahnsinnigen Ausblick genossen haben. Das war einfach fantastisch. Man konnte das Meer sehen und wenn der Wind aus der Richtung kam, sogar die Wellen rauschen. Umgeben von Bergen, ein Dorf, fast am Meer. Fantastisch. Beim Frühstück ging über dem Meer die Sonne auf. Wir sitzen auf der Terrasse und sehen jeden Tag die Sonne aufgehen. Wahnsinn.

Heute am Samstag wollen wir zum Shelter, zu Alexandra fahren. Uns umschauen, um zu entscheiden, was wir alles machen wollen. Bestandsaufnahme, schauen was und wie etwas zu erledigen ist. Schauen ob die Paletten mit dem Baumaterial schon eingetroffen sind. Also rein in den Transporter und los geht es. Sieben hoch motivierte Helfer wollen endlich loslegen. Wir können es kaum erwarten, endlich den Ort zu sehen, wo wir eine Woche helfen, bauen und aufräumen wollen. Das wir kurz nach Ankunft bei Alexandra mächtig aus der Bahn geworfen werden, nicht wissen, wie wir in diesen Moment mit dem Sehenden umgehen sollen, konnte zu diesen Zeitpunkt niemand ahnen.

Da wir im Dunkeln im Ferienhaus angekommen sind, konnten wir auf der Fahrt zum Shelter nun endlich mal ein wenig Griechenland bei Tageslicht bewundern. Ich war wirklich erstaunt, dass es hier, wo wir waren, so viele Berge gibt. Von unserem Haus aus mussten wir erst eine sehr kurvenreiche Straße durch die angrenzenden Berge fahren. Unten angekommen lagen rechts und links von der Straße viele Plantagen. Äpfel, Pfirsiche, Weintrauben konnte man erkennen. Hin und wieder erkannte man auch ein paar Olivenbäume. Sonst ist die Landschaft durch Trockenheit und karge Landschaft geprägt. Es war schon recht warm, obwohl es noch Vormittag war. Aber irgendwie hat es zu diesem Zeitpunkt nicht so richtig gestört. Das sollte sich in den nächsten Tagen noch drastisch ändern. Ich sage nur Hitzewelle! Extreme Hitzewelle ! Da fahren wir nun, aber wohin eigentlich? Wie heißt das, wo wir hin müssen? Nochmals meinen Dank an dem Mobiltelefon-Erfinder. Ich drück dich. Ins Dorf rein und immer gerade aus. Dann seid ihr da. So die Auskunft am Telefon.

Super. Ganz toll. Rein ins Dorf. Straße wird eng, sehr eng. Straße ist zu Ende. Ja einfach Ende. Es geht hier nicht weiter. Also Transporter drehen. Ist ja nicht unbedingt ein Kleinwagen, aber wir als eingefleischte –dauer-fahrende-Nacht um die Ohren schlagende-Gemeinschaft. Ein Klacks für uns. Na ja, es war schon scheißen eng. Und nun ? Feldwege abfahren, suchen, hören nach Hundegebell. Schade alles Nieten. Hier fahren wir mal rein. Na wenigstens ist der Weg breit genug. Super, schon wieder eine Niete. Da kommt von hinten ein PKW. Hält bei uns an und wir versuchen mit Händen und Füßen zu erklären, wo wir hin wollen. Kurz und gut. Das nette einheimische Ehepaar hat sich mit uns an der Dorfkirche getroffen. Sie haben uns zum Shelter gebracht. Ich habe die Vermutung, ohne Hilfe hätten wir noch Stunden gesucht. Noch mal von hier aus. Vielen Dank , leicht aufgeregtes, durcheinander redendes einheimisches Ehepaar.

Bevor ich hier mit dem Bericht zum Shelter anfange, möchte ich folgendes dazu sagen. Ich werde in den folgenden Abschnitt weder Menschen, Hunde, oder anderes negativ beschreiben. Ich werde so gut wie möglich, aus meiner Erinnerung heraus davon schreiben, was ich dort gesehen, gefühlt und gemacht habe. Die anderen Mitreisenden werde ich in diesen Abschnitt nicht erwähnen. Da wir das, was wir dort erlebt, gesehen, und empfunden haben, jeder auf seine Art verarbeiten muss. Ich werde über keinerlei Einzelheiten schreiben. Vergessen werden wir das Erlebte nicht. Aber wir müssen damit umgehen lernen.

Also ohne die Hilfe von den netten Griechen hätten wir den Shelter von Alexandra niemals gefunden. Ein Feldweg, zugewachsen mit Schilf. Von der Straße aus kaum zu sehen. Völlig isoliert liegt er da. Ein Shelter ( Tierheim) auf geschätzten 8000 qm. Als wir mit dem Transporter den Weg Richtung Shelter fahren, kommen uns schon die ersten Hunde entgegen. Das Tor ist offen und die Hunde laufen hier wohl den ganzen Tag über frei rum. Langsam fahren wir weiter, um irgendwann durch die ganzen Hunde zum Anhalten gezwungen werden. Ein höllisches Gebell empfängt uns und Alexandra und ihr Helfer Janis kommen uns begrüßen. Wow, was für eine Masse an Hunden hier rumläuft. Es kommen mehr und mehr Hunde zu uns. Das Tor ist offen und es kommen Hunde, unterschiedlicher kann es nicht sein. Als wir nach der Begrüßung durch das Tor gehen, fällt mir ein zusammengerollter Hund auf. Dicht am Zaun liegend, auf ein wenig Unkraut liegt er da und scheint zu schlafen. Ihm scheint es nicht zu kümmern, das wir in diesem Moment in sein „Reich“ gehen, um uns umzuschauen. Nicht mal der Kopf wird angehoben. Der hat die Ruhe weg. Als erstes fällt mir dieser komische Geruch, der über den Shelter liegt auf. Es ist ein eigentümlicher Geruch. Man kann ihn nicht beschreiben. Auffallend ist auch das hier vorne ziemlich viel leere Futterdosen verstreut liegen. So als wenn man diese achtlos einfach weggeschmissen hätte. Und das die Hunde überall ihre Haufen hin gemacht haben, nun ja, damit habe ich schon gerechnet. Also aufpassen und zick zack gelaufen. Wir schauen uns um und gehen in den oberen Teil des Shelters. Wow, noch mehr Hunde. Freilaufende und manche im Zwinger. An manche Zwinger ist kaum durchkommen. Meter hohes Unkraut versperrt einen fast den Weg. Trampelpfade durchzieht das gesamte Gelände. Völlig zu gewuchert. Hier wartet viel Arbeit auf uns. Aber das sollte nicht das einzige sein was zu tun ist. Viele Zwinger sind kaum durch die Hunde begehbar. Vieles ist eingestürzt bzw. sehr baufällig. Einige haben keinen oder nur einen mangelhaften Sonnen / Regenschutz. Ich gehe durch die Gänge und überlege mir, was an diesen und jenen Zwinger getan werden muss. Zäune sind kaputt oder nur noch durch „Flickwerk“ zusammengehalten. Dem Himmel sei Dank das die Paletten bald eintreffen. Dort ist Werkzeug und Material drauf, was wir für diese Arbeiten dringend benötigen.

Einige von den Hunden sind schon für die Fahrt zum Tierarzt ausgewählt. Auffällig ist die neugierige aber doch zurückhaltende Art von manchen Hunden. Einige sind gleich freundlich auf uns zu gekommen und wollten gestreichelt werden. Andere sind sehr zurückhaltend und schauen uns teilweise ungläubig an. Aber es wird in den nächsten Tagen anders. Versprochen. Als wir zum Tor gehen und dort noch kurz stehen, fällt mir wieder der zusammengerollte Hund auf. Er liegt noch immer dort und schläft. Morgen werde ich ihn mir mal anschauen.

Da die Tage für mich sehr schnell vergangen sind, kann ich leider nicht jeden einzelnen Tag genau beschreiben. Ich werde das, was mir jetzt noch einfällt einfach aufschreiben. Dabei wird die Reihenfolge der Ereignisse durcheinander sein. Es ist einfach zu viel, was da an Eindrücken auf einen einschlägt. Jeder Hund, an jeder Ecke sieht man etwas, was in diesem Moment noch einen Platz im Kopf braucht. Meiner war irgendwann von den vielen Eindrücken voll. Ich habe die ersten Tage im Ferienhaus mit dem Schreiben kleiner Zettel angefangen. Ich musste Platz für neues schaffen. Nicht so schöne Ereignisse raus schreiben, damit wieder Platz für neues schönes und erfreuliches, und manchmal auch lustiges war.

Da die Paletten, wie vereinbart, nicht eingetroffen sind, mussten wir uns mit dem vorhandenen behelfen. Ich bin heilfroh, dass wir die Motorsense in dem Transporter hatten und nicht mit den Paletten geschickt haben. Wir sind dann zu zweit Einkaufen gefahren und die anderen haben im Shelter angefangen einen Platz von Unkraut zu befreien. Beim Einkaufen, vor dem Laden lag ein Hund auf dem Gehweg. Da wir immer Wasser und Futter dabei hatten, haben wir ihn erst mal mit Futter und Wasser versorgt. Dankbar nahm er beides an. Ich setzte mich noch einen kurzen Augenblick zu ihm und er saß auf einmal neben mir, so als wenn wir uns schon ewig kennen. Das war etwas tolles, was ich dort gefühlt habe. Ein völlig fremder Hund, hat so viel Vertrauen, das er sich neben einen setzt und sich kraulen lässt. Es war übrigens der erste Straßenhund, den ich gekrault habe. Es war in diesen Moment, für mich etwas Besonderes. Als wir zum Shelter zurück kamen haben die anderen schon mächtig was geschafft. Es sei hier erwähnt, das die Tagestemperatur auf ca. 36 Grad angestiegen ist. Im Shelter gibt es nur Schatten für die Hunde. Also wir arbeiten den ganzen Tag in der Sonne. Und die ist um die Mittagszeit unerträglich. Das Mineralwasser bekommt, auch im Schatten, eine Trinktemperatur von gefühlten 30 Grad. Sehr gesund und lecker. Würg.

Das nächste was immer wieder im Kopf rumschwirrt ist natürlich Lisa. Lisa, das kleine zusammengerollte, am Tor liegende Hundemädchen. Lisa hat eine kaputte Hüfte und kann sehr schwer gehen. Ich habe erfahren dass sie ihre Hinterbeine nicht bewegen konnte. Der Tierarzt hat hier wohl ein wenig helfen können. Lisa kann aber trotz der Hilfe durch den Arzt nur unter Anstrengung aufstehen. Sie hat Schmerzen beim Aufstehen, das sieht man. Sie läuft sehr stokelig und auch nur kurze Strecken. Meist nur von einen Schattenplatz zum nächsten. Ich habe jeden Tag bei Lisa vorbei geschaut. Habe sie gestreichelt, habe mit ihr geredet. Habe versucht, ihr die ganzen Fliegen von der Nase fernzuhalten. Die ersten Tage wusste Lisa nicht so richtig, was ich eigentlich von ihr wollte. Sie drehte ihren Kopf weg oder legte sich hin und schlief. Jeden Morgen, wenn wir zum Shelter kamen, habe ich erst mal Lisa gesucht. Meist lag sie vorne am Tor oder draußen, vor dem Shelter unter einen Baum. Sie schaute jetzt schon mal hoch, wenn ich ihren Namen rief und zu ihr ging. Ich streichelte sie und sie schaute mich mit ihren treuen Augen an. Dieser erste direkte Blick von ihr der ging sehr tief in mein Herz.

Ich habe so was sehr lange nicht gefühlt. Viele Leute sagen, sie hätten einen Seelenhund. Ich habe in Lisa, neben Bujan, einen zweiten Seelenhund gefunden. Ich war mir aber auch bewusst, dass ich Lisa hier an diesen Ort zurück lassen muss. Ich verdrängte diesen Gedanken, denn ein paar Tage sind wir noch hier. Und sie ist es, Lisa, sie ist der Grund dafür, dass ich hier bin. In der unerträglichen Hitze von Griechenland. Für Lisa bin ich hier und will was bewegen, für sie und für all die anderen Hunde die hier leben. Ich will ihnen helfen, ein klein wenig. Ich musste ein paar Minuten alleine sein. Ging den Feldweg entlang und konnte nicht verhindern, dass mir die Tränen kamen.

Es gab in diesen Tagen einige Ereignisse, wo Hilflosigkeit in Tränen endete. Der emotionale Druck stieg mit jedem Tag. Wir waren uns bewusst, dass wir nur ein paar Tage hier vor Ort sind. Wir waren uns auch schnell einig, dass was eigentlich an Arbeit gemacht werden müsste, von uns in der kurzen Zeit nicht machbar ist. Die Temperaturen stiegen und stiegen mit jeden Tag. Tagestemperaturen von 40 Grad wurden erreicht. Mit jedem Tag, den wir arbeiteten, wurden wir langsamer. Es macht einen fertig, diese Hitze, unerträgliche Hitze. Aufhören ? Kam für uns nicht in Frage. Auch wenn wir nicht das schaffen, was wir wollen. Wir arbeiten für den Augenblick, für den Tag. Wir können nicht für die Zukunft etwas erschaffen. Das können wir in der Zeit nicht. Wir können den vielen Hunden so viel anbieten, bauen und herrichten, das sie etwas für die nächsten Tage haben. Zukunftspläne können wir nicht verwirklichen. Leider. Ich musste einige Male raus. Ein paar Meter gehen, eine einsame Ecke aufsuchen. Ein wenig alleine sein. Hilflosigkeit, es ist so viel zu tun, aber man weiß, dass es nicht machbar ist.

Vor der Reise habe ich oft darüber nachgedacht. Was ist, wenn wir was anfangen und fahren dann einfach nach Hause. Was wird dann aus dem Angefangenen? Baut es jemand weiter? Verfällt es? Ist das, was wir hier in der brütenden Hitze machen, eigentlich sinnvoll? Und wenn man sich dann die Tränen aus dem Gesicht wischt, wieder zurückgeht und die Hunde in irgendwelchen Erdlöchern liegen sieht, dann sagt man sich, aber natürlich. Schau dich hier um. Wenn wir nicht hier wären, würde es weiterhin meterhohes Unkraut geben. Einige Hunde würden nicht in ihren Zwinger kommen. Schattennetzte würden nicht aufgehängt. Und wir haben ein neues Welpengehege hergerichtet. Hunde zum Tierarzt gefahren. Und und und. Es war gut, es war das Beste, was ich je in einen Urlaub gemacht habe. Dort zu sein, ein wenig was zu bewirken. Für die Hunde da zu sein. Einfach mal da zu sein. Die Hunde haben sich nach einigen Tagen so an uns gewöhnt, dass selbst die ängstlichen Hunde zu uns gekommen sind, um sich Streicheleinheiten abzuholen. Als ich heute die Post rein geholt habe, stand Folgendes auf einem Prospekt: Es sind die kleinen Dinge, die einen Tag besonders machen. Ich habe in Griechenland sieben besondere Tage gehabt.

Ein kleiner zusammengerollter Hund am Tor. Ich werde dich nie vergessen. Wir werden uns nie wiedersehen. Aber meine Gedanken an die gemeinsame Zeit kann mir keiner nehmen. LISA

Bei all den schönen erlebten Sachen. Es war nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. Es gab heftige Meinungsverschiedenheiten. Stress bedingt und auch ein wenig aus der Dickköpfigkeit einer Südländerin. Wir waren dort zu Gast, das sollte man nicht vergessen. Aber was dort vorgefallen ist, begreife ich bis heute nicht. Nachfragen sind unerwünscht. Es wird keinerlei Auskünfte darüber geben !

Kurz die Rückfahrt. Da wir über Mazedonien nach Serbien gefahren sind, hatten wir „nur“ ca. 2000 Kilometer vor uns. An der Grenze Serbien-Ungarn haben wir für ca. 2 Km schlappe 4 Stunden gebraucht. Grenze völlig dicht. Ankunft in Berlin war gegen 14 Uhr. Von dort sind wir dann in unsere Heimatstädte gefahren.

Ich möchte mich persönlich bei der Alexandra aus Deutschland bedanken. Diejenigen, die mit unterwegs waren und die Planung verfolgt haben, können ungefähr erahnen, was die Frau für eine riesige Hilfe vor Ort für uns war. Tausend Dank Alexandra. Aus Fremden wurde ein funktionierendes Team. Aufgabe? Niemals! Ich hoffe auf Wiederholung!

Vielen Dank an: Julia, Anja, Marion, Katja, Brigitte, Luise, und Robert. War eine tolle Zeit.

Manfred